Ertragswertverfahren

Ertragswertverfahren

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Das Ertragswertverfahren dient der Wertermittlung einer Immobilie und orientiert sich an dem Ertrag, den diese Immobilie erwirtschaften kann. Es wird vor allem bei Mietimmobilien angewandt und leitet sich unter anderem aus den Mieteinnahmen ab. Die Rechtsgrundlagen sind die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) und das Bewertungsgesetz (BewG).

Der Ertragswert

Unter dem Ertragswert wird der Wert der Überschüsse verstanden, die durch das Eigentum und die Bewirtschaftung einer Immobilie entstehen. Dieser künftig zu erwartende Ertrag beruht einfach gesagt auf der Differenz zwischen Einnahmen und Kosten. Wie hoch der Ertragswert genau ist, hängt allerdings von zahlreichen Faktoren wie Eigenschaften der Immobilie oder der Marktlage ab. Das zugrundeliegende Berechnungsverfahren ist daher mehrstufig und seine Anwendung erfordert eine gute Marktkenntnis.

Der Verkehrswert orientiert sich in diesem Verfahren primär an den Nutzungsmöglichkeiten der Immobilie, welche Einnahmen erzielen. Die zu bewertende Immobilie wird dabei als Renditeobjekt und als Kapitalanlage angesehen, die anhand der zu erwartenden abgezinsten Überschüsse beurteilt wird.

Anwendung des Ertragswertverfahrens

In der Praxis wird der Verkehrswert einer Immobilie mit dem Ertragswertverfahren vor allem bei Mietobjekten und Büro- und Gewerbeflächen ermittelt. Soll eine Immobilie vermietet werden, ist ihr Sachwert zweitrangig. Von Interesse ist vordergründig, welchen Ertrag sie erzielen kann.

Die Grundlage des Verfahrens bildet der dauerhafte Ertrag, der den Wert eines Renditeobjekts auf dem Immobilienmarkt bestimmt. Das Verfahren ist somit auf Gebäude ausgerichtet, die der wirtschaftlichen Nutzung und Ertragserzielung dienen. Für die Wertermittlung des eigenen Hauses oder der eigenen Eigentumswohnung sollte das Verfahren hingegen nicht genutzt werden, dort ist das Vergleichswertverfahren oder das Sachwertverfahren angebracht. Typischerweise wird das Ertragswertverfahren bei Mehrfamilienhäusern angewandt, aber auch für Geschäftsgrundstücke, Immobilien mit gemischter Nutzung und Spezialfälle wie Parkhäuser oder Lagerhallen eignet sich das Verfahren sehr gut.

Das Ertragswertverfahren wird hauptsächlich von Käufern von Immobilien genutzt, welche die Immobilie nach dem Kauf nicht selbst bewohnen möchten. Für sie stellt sich die Frage, welchen Kaufpreis sie bereit sind zu zahlen. Das hängt jedoch davon ab, welche Rendite die Immobilie abwerfen wird. Der Ertragswert gibt für einen Käufer Auskunft darüber, ob der Erwerb einer bestimmten Immobilie lohnenswert ist, bzw. ob der Kaufpreis einer Immobilie im Verhältnis zu seinen Erträgen angemessen ist. Die Kaufentscheidung kann dann durch den Vergleich des geforderten Kaufpreises mit den zu erwartenden Erträgen getroffen werden. Der Investor sollte maximal den Ertragswert einer Immobilie zahlen.

Auch für den Eigentümer, der seine Immobilie an einen Investor verkaufen möchte, ist die Ermittlung des Ertragswerts sehr hilfreich. Er erhält eine Vorstellung davon, welchen Kaufpreis er für seine Immobilie verlangen kann.

Die Berechnungsmethode

Dem Ertragswertverfahren liegt eine spezifische Berechnungsweise zugrunde, welche in der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) festgelegt ist. Im Folgenden wird das sogenannte allgemeine Ertragswertverfahren geschildert, welches seine Grundlage in § 17 Abs. 2 Nr. 1 ImmoWertV hat.

Das Ertragswertverfahren beruht in Deutschland auf einer Trennung zwischen dem Wert des Bodens und des Gebäudes. Während ein Grundstück seinen Wert auf Dauer behält, verliert die darauf befindliche bauliche Anlage mit der Zeit ihren Wert. Dieser Umstand wird durch eine separate Berechnung des Bodenwerts und des Gebäudeertragswertes berücksichtigt. Es handelt sich um eine fiktive „horizontale“ Trennung, die auch im Bilanzierungswesen praktiziert wird.

Beide ergeben in der Summe den Ertragswert:  

Ertragswert = Bodenwert + Ertragswert des Gebäudes

Der Gebäudeertragswert wird mit einer bestimmten Formel berechnet. Dabei werden zunächst der Rohertrag sowie der Reinertrag des Gebäudes und schließlich der Ertragswert der gesamten Immobilie berechnet. Aus dem Rohertrag der Immobilie wird durch Abzug der Bewirtschaftungskosten der Reinertrag berechnet. Dieser wird mit der Bodenwertverzinsung und dem sogenannten Vervielfältiger verrechnet und ergibt den Gebäudeertragswert. Durch Summierung mit dem Bodenwert erhält man schließlich den Ertragswert.

Die Formel für den Ertragswert der baulichen Anlagen sieht wie folgt aus:

(Rohertrag – Bewirtschaftungskosten – Bodenwertverzinsung) x Vervielfältiger = Gebäudeertragswert

Der Rohertrag eines Gebäudes

Der Rohertrag einer Wohnung oder eines Hauses besteht in der Nettokaltmiete. Es handelt sich dabei um die auf dem aktuellen Wohnungsmarkt erzielbaren Einnahmen durch die Nutzung der Immobilie. Der Jahresrohertrag ergibt sich aus der marktüblich erzielbaren Jahresmiete und berechnet sich nicht anhand der tatsächlich für ein Objekt gezahlten Miete. Allerdings kann eine Abweichung der tatsächlichen Miete von der errechneten Miete durch eine Anpassung berücksichtigt werden. Dies geschieht durch die Berechnung von Zu- und Abschlägen.

Die Höhe der erzielbaren Erträge orientiert sich an einer ordnungsgemäßen nachhaltigen Bewirtschaftung. Der Rohertrag sollte nicht mit den Bruttomieteinnahmen verwechselt werden, bei denen es sich um Einnahmen und nicht um Erträge handelt. Werden von diesen Einnahmen die Betriebskosten abgezogen, erhält man den tatsächlichen Ertrag.

Wie hoch die Nettokaltmiete ist, die dauerhaft erzielt werden kann, hängt von Faktoren wie Ausstattung, Größe und der ortsüblichen Miethöhe ab. Nicht berücksichtig werden darf ein Leerstand der Wohnung, da es beim Rohertrag um die erzielbare Miete geht. Die Betriebskosten sind nicht im Rohertrag enthalten, da sie üblicherweise vom Mieter bezahlt werden. Einnahmen, die nicht aus der Nutzung der baulichen Anlagen stammen, werden ebenfalls nicht berücksichtigt. Solche Einnahmen können etwa aus der Vermietung von Inventar stammen.

Der Jahresrohertrag, auch „Gross Operating Income“ genannt, bildet die Grundlage der weiteren Berechnung.

Die Bewirtschaftungskosten einer Immobilie

Jene Kosten, die nicht auf die Mieter umgelegt werden können, gehören zu den sogenannten Bewirtschaftungskosten. Das sind insbesondere Verwaltungs- und Betriebskosten, Instandhaltungskosten sowie das Mietausfallwagnis.

Alle diese Kosten verringern als Ausgaben die Rendite einer Immobilie und müssen daher in die Berechnung des Ertragswerts eingehen. Die Bewirtschaftungskosten werden daher vom Jahresrohertrag abgezogen.

Die genaue Höhe der Ausgaben hängt unter anderem von der Restnutzungsdauer ab. Bei der Ermittlung der Bewirtschaftungskosten wird eine nachhaltige, marktübliche und vernünftige Wirtschaftsweise zugrunde gelegt. Es wird immer von einer üblichen und zulässigen wirtschaftlichen Nutzung ausgegangen. Können die Bewirtschaftungskosten nicht genau bestimmt werden, dürfen Erfahrungswerte von vergleichbaren Objekten herangezogen werden.

Durch Abzug der Bewirtschaftungskosten vom Jahresrohertrag erhält man den Reinertrag, der auch als marktüblicher Jahresreinertrag oder Grundstücksreinertrag bezeichnet wird. Es handelt sich dabei um den zur Verfügung stehenden Kapitalfluss, der daher auch „Net Operating Income“ genannt wird. Von diesem Wert wird im nächsten Rechenschritt der Bodenwertverzinsungsbetrag abgezogen.

Im Einzelnen handelt es sich bei den Bewirtschaftungskosten um folgende Ausgaben:

Alle durch den Gebrauch des Gebäudes entstehenden Kosten gehören in der Regel zu den Betriebskosten. Davon muss jedoch der Anteil der Kosten, die auf die Mieter umgelegt werden, abgezogen werden. Solche Betriebskosten, die auf die Mieter umgelegt werden, gehören damit nicht zu den Bewirtschaftungskosten und gehen nicht in die Rechnung mit ein.

Verwaltungskosten sind alle anfallenden Kosten für die Verwaltung der Immobilie, sowie etwaige Ausgaben für die Sicherheit und Aufsicht der Immobilie. Insbesondere handelt es sich um die Ausgaben für die Arbeitskräfte, die mit der Verwaltung und Geschäftsführung betraut sind. Experten gehen von einem Umfang der Verwaltungskosten zwischen ein und drei Prozent der Nettokaltmiete oder einem pauschalen jährlichen Betrag von etwa 200 Euro pro Mieteinheit aus.

Zu den Instandhaltungskosten gehören Ausgaben, die aufgrund der Alterung und Abnutzung der Immobilie notwendig werden. Dazu gehören auch witterungsbedingte Schäden. Ihr Umfang bestimmt sich nach dem Aufwand, der zu erbringen ist um den üblichen Gebrauch wieder zu ermöglichen.

Das Mietausfallwagnis besteht zum Beispiel in nicht eintreibbaren Mietrückständen, einem kurzen Leerstand oder einer Mietminderung. Ein dauerhafter Leerstand fällt nicht in diese Kategorie. Eventuell anfallende Kosten für die Durchsetzung von Forderungen im Rechtsweg gehören wiederum zum Mietausfallwagnis. Es handelt sich also um das Risiko des Ertragsausfalls oder der Ertragsminderung

Die Bodenwertverzinsung

Die Bodenwertverzinsung erhält man durch Multiplikation des Bodenwertes mit dem Liegenschaftszins. Der Hintergedanke von diesem Rechenschritt besteht in der Berücksichtigung des Kapitals, welches im Grundstück gebunden ist und während der Nutzungszeit der Immobilie verzinst wird.

Vom zuvor durch Abzug der Bewirtschaftungskosten vom Rohertrag berechneten Reinertrag wird wiederum die Bodenwertverzinsung abgezogen. Das Ergebnis der Rechnung an diesem Punkt ist der sogenannte Gebäudereinertrag oder auch Jahresreinertrag der baulichen Anlagen. Dieser Betrag wird anschließend mit dem Vervielfältiger multipliziert.

Der Bodenwert

Der Wert eines Grundstücks ohne bauliche Anlagen wird auch Bodenwert genannt. Er soll vorrangig im Vergleichswertverfahren berechnet werden (§ 16 ImmoWertV). In der Regel wird der Bodenwert anhand der Größe des Grundstücks und dem Bodenrichtwert ermittelt. Bodenrichtwerte werden von den örtlichen Gutachterausschüssen bestimmt. Sie werden ebenfalls im Vergleichswertverfahren berechnet und in Euro pro Quadratmeter angegeben.

Der Liegenschaftszins

Unter dem Liegenschaftszins wird der Zinssatz verstanden, mit dem der Verkehrswert einer Immobilie durchschnittlich marktüblich verzinst wird (§ 14 Abs. 3 ImmoWertV). Er wird auch als Durchschnittswert auf dem aktuellen Markt bezeichnet.

Auf den Gebäudewert hat der Liegenschaftszins großen Einfluss: Je niedriger der Zinssatz ist, desto höher ist der Vervielfältiger. Ist der Liegenschaftszins hingegen besonders hoch, fällt der Vervielfältiger niedrig aus. Da der Vervielfältiger als Multiplikator die Höhe des Ertragswertes stark beeinflusst, hat der Liegenschaftszins als Ausgangspunkt dieser Berechnung eine große Bedeutung.

Wie hoch der Liegenschaftszins ist, hängt von der Nutzung des Gebäudes und seiner Lage ab. Er wird von den zuständigen Gutachterausschüssen mit Hilfe der ihnen vorliegenden Kaufpreissammlung berechnet (§ 193 Abs. 5 Nr. 1 BauGB). Grundlage der Berechnung sind vergleichbare Kaufpreise und deren Reinerträge. Die Lage des örtlichen Immobilienmarktes bestimmt die Höhe des Liegenschaftszinses, der dementsprechend von Ort zu Ort variiert. Unter Fachleuten wird ein Liegenschaftszins von etwa 5 Prozent als allgemeiner Richtwert angesehen.

Die Restnutzungsdauer eines Mietobjekts

Unter der Restnutzungsdauer wird die Zeitspanne verstanden, in der mit einer Immobilie durch wirtschaftliche Nutzung Erträge erzielt werden können. Zugrundeliegender Gedanke ist, dass Immobilien nicht auf unbegrenzte Zeit bewohnt oder anderweitig genutzt werden können. Ihre Nutzbarkeit ist nicht unendlich und dieser Umstand hat Einfluss auf den zu erwartenden Ertrag eines Gebäudes. Das Ende der Restnutzungsdauer ist der Zeitpunkt, zu dem es unrentabel wird die Immobilie zu bewirtschaften. Zwar kann eine Immobilie danach vielleicht noch genutzt werden, jedoch nicht mehr auf eine wirtschaftliche Art und Weise.

Vereinfacht dargestellt besteht die Restnutzungsdauer in dem Wert, der durch Abzug des Alters einer Immobilie von seiner Gesamtnutzungsdauer zustande kommt. Dabei wird immer davon ausgegangen, dass die Immobilie gut gepflegt wird und ordnungsgemäß bewirtschaftet wird. Durch Sanierungen und Modernisierungen kann die Restnutzungsdauer verlängert werden.

Viele Experten halten die Ermittlung der Restnutzungsdauer für besonders schwer. Die Schätzung hängt von zahlreichen Faktoren ab, die in der Zukunft liegen, wie etwa Energieeffizienz oder ob der Baustil einer Immobilie noch zeitgemäß ist. Auch die Baumaterialien oder die Bevölkerungsentwicklung einer Gemeinde oder Region nehmen Einfluss auf die Restnutzungsdauer. Es kann hilfreich sein, einschlägige Fachliteratur und die sogenannten Normalherstellungskosten (NHK 2010) zur Bestimmung der Restnutzungsdauer heranzuziehen.

Der Vervielfältiger

Der Vervielfältiger wird auch Diskontierungssummenfaktor oder Rentenbarwertfaktor genannt. Er wird anhand der Restnutzungsdauer und der Höhe des Liegenschaftszinses ermittelt. Seine Berechnung erfolgt mathematisch mit Hilfe einer bestimmten Formel, in welcher Reinerträge in naher Zukunft eine stärkere Gewichtung erhalten als solche in weiter Zukunft. Sein genauer Wert kann auch einer Tabelle in der Immobilienwertermittlungsverordnung entnommen werden.

Es handelt sich bei dem Vervielfältiger um einen wichtigen Faktor der Berechnung, da er starken Einfluss auf die Höhe des Ertragswertes hat. Durch Multiplikation des Vervielfältigers mit dem zuvor berechneten Gebäudereinertrag erhält man als Ergebnis den Ertragswert des Gebäudes.

Die Restnutzungsdauer hat großen Einfluss auf die Ertragsmöglichkeiten einer Immobilie und dies wird durch den Vervielfältiger abgebildet: Umso länger die Restnutzungsdauer ist, desto höher ist der Vervielfältiger. An dieser Stelle wird deutlich, dass dem Ertragswertverfahren die Annahme zugrunde liegt, dass der Rohertrag des Gebäudes über die gesamte Zeit seiner Nutzung gleich bleibt.

Der vorläufige Ertragswert und wertmindernde Umstände

Zuletzt muss nur noch der Ertragswert des Gebäudes mit dem Wert des Grundstücks summiert werden. Das Ergebnis ist der vorläufige Ertragswert des gesamten Grundstücks mit baulicher Anlage. Davon werden eventuell noch notwendige Renovierungskosten abgezogen und andere Besonderheiten der Immobilie berücksichtigt. Solche wertbeeinflussenden Umstände können zum Beispiel ein Instandhaltungsstau, Bauschäden oder mietrechtliche Bindungen wie gebundene Mieten im Sozialwohnungsbau sein. Im Einzelfall können auch Umstände vorliegen, die den Ertragswert erhöhen.

Das vereinfachte Ertragswertverfahren und weitere Bewertungsverfahren

Neben dem soeben geschilderten allgemeinen Ertragswertverfahren existiert noch das vereinfachte Ertragswertverfahren (siehe auch § 17 Abs. 2 Nr. 2 ImmoWertV). Beide nutzen die gleichen Daten als Grundlage ihrer Berechnung, sie unterscheiden sich vor allem hinsichtlich der Länge der Berechnung.

Das vereinfachte Verfahren lässt den Bodenwert und seine Verzinsung unberücksichtigt. Es ähnelt dem in anderen Ländern verwendeten Income Approach, welcher nur das Gebäude bewertet. Dabei wird der abgezinste Bodenwert mit dem kapitalisierten Reinertrag verrechnet.

In der Formel des vereinfachten Verfahrens entfällt der Abzug der Bodenwertverzinsung. Statt der Addition des Bodenwerts mit dem Gebäudeertragswert im allgemeinen Verfahren wird der vereinfacht berechnete Gebäudeertragswert mit dem abgezinsten Bodenwert summiert.

Die Berechnungsformel des vereinfachten Verfahrens ist:

((Rohertrag – Bewirtschaftungskosten) x Vervielfältiger) + abgezinster Bodenwert = Ertragswert

Es gibt weitere sehr einfache Möglichkeiten, den Verkehrswert anhand seines Ertragswertes zu schätzen. Solche Näherungswerte sind jedoch nicht so präzise wie der von einem erfahrenen Gutachter ermittelte Ertragswert. Sie bieten lediglich eine erste Orientierung und können z.B. im Internet kostenlos ermittelt werden.

Zum Beispiel wird bei einem Schätzungsverfahren der Rohertrag mit einem selbst festgelegten Faktor multipliziert. Wie hoch der Faktor ist und wie gut er geschätzt wird, beruht vor allem auf der Erfahrung des Schätzenden. Diese Vorgehensweise wird auch als „Maklerverfahren“ bezeichnet. Umgekehrt kann ein bereits ermittelter Ertragswert mit dem Rohertragsfaktor oder Maklerfaktor auf seine Plausibilität überprüft werden.

Weitere international genutzte Verfahren sind z.B. die „Investment Method“ oder das „Discounted-Cash-Flow-Verfahren“. Nicht zu verwechseln ist das Ertragswertverfahren mit dem betriebswirtschaftlichen Unternehmensbewertungsverfahren mit dem gleichen Namen.

Der Gutachter

Ein professioneller Gutachter kann einen Immobilienbesitzer vor dem Verkauf auch bei der Wahl des Wertermittlungsverfahrens beraten. Die unterschiedlichen Verfahren können zu sehr unterschiedlichen Verkehrswerten gelangen.

Wie bei den anderen Verfahren kommt es bei dem Ertragswertverfahren darauf an, einen erfahrenen Gutachter zu beauftragen. Etwa bei der Berechnung des Rohertrags kommt es darauf an, die richtige marktübliche Miete zu ermitteln. Wird hierbei ein Fehler gemacht, hat dies einen großen Einfluss auf das Ergebnis. Für alle Eingangsgrößen des Verfahrens kommt es auf die korrekte Bestimmung an und leider ist dies nicht immer so einfach.

Obwohl die grundlegende Berechnungsweise recht leicht nachvollziehbar ist, erfordert die Anwendung des Verfahrens eine sehr gute Marktkenntnis und eine hohe Kompetenz des Gutachters.

Rechtliche Grundlagen

In der Immobilienwertermittlungsordnung (ImmoWertV) wird das Ertragswertverfahren aufgeführt und in den §§ 17 bis 20 beschrieben.

Das allgemeine und das vereinfachte Ertragswertverfahren unterscheiden sich vor allem hinsichtlich der Berücksichtigung des Bodenwerts (§ 17 Abs. 2 ImmoWertV). Für den Fall, dass die Erträge der Immobilie nachweislich von den marktüblichen Erträgen abweichen, sieht das Gesetz außerdem eine periodische Ertragswertermittlung vor (§ 17 Abs. 1 ImmoWertV). Dabei werden anhand von periodisch unterschiedlich ausfallenden Reinerträge die Erträge von verschiedenen Betrachtungszeiträumen berechnet und die Perioden anschließend aufsummiert.

Das Bewertungsgesetz (BewG) sieht bei der Festlegung der Erbschaftssteuer die Wertermittlung per Ertragswertverfahren vorrangig für Mietwohngrundstücke und Geschäftsgrundstücke sowie gemischt genutzte Grundstücke vor (§ 182 Abs. 3 BewG). Für die letzten beiden Immobilienarten soll der Verkehrswert jedoch mit dem Sachwertverfahren berechnet werden, wenn auf dem örtlichen Immobilienmarkt keine übliche Miete ermittelt werden kann.

In § 184 BewG ist die getrennte Berechnung des Bodenwerts und dem auf Grundlage des Ertrags ermittelten Wert des Gebäudes vorgesehen. Der Bodenwert, also der Wert des unbebauten Grundstücks, soll nach § 179 BewG anhand der Fläche des Grundstücks und dem Bodenrichtwert bestimmt werden (siehe auch § 184 Abs. 2 BewG). Die Ermittlung des Gebäudeertragswertes wird in § 185 BewG ausführlich geschildert, wobei zusätzliche bauliche Anlagen auf dem Grundstück in der Regel im Gebäudeertragswert enthalten sind (§ 184 Abs. 3 BewG).

Vor- und Nachteile des Ertragswertverfahrens

Ein zentraler Vorteil des Ertragswertverfahrens ist seine Praxisnähe. Die Berechnung erfolgt mit den Einnahmen und Ausgaben einer Vermietung, welche im Regelfall sehr präzise bestimmt werden können. Auf der anderen Seite können Werte, die nicht aus der Vermietung stammen, häufig nicht so leicht bestimmt werden. Das ist besonders beim Liegenschaftszins der Fall, welcher aber großen Einfluss auf den Ertragswert hat. Den Gutachterausschüssen liegen nicht immer genügend Daten zu seiner Bestimmung vor. Wenn der Liegenschaftszins unpräzise ist, kann er das Ergebnis des Verfahrens sehr stark verfälschen.

Zwar hat ein zuverlässig angefertigter Ertragswert aufgrund seiner realistischen Datengrundlage eine hohe Aussagekraft, dennoch sollte ihm nicht unbegrenzt Glauben geschenkt werden. Der tatsächliche Ertrag einer gekauften Immobilie kann immer von dem ermittelten Ertragswert abweichen. In manchen Fällen geschieht das zur Freude des Immobilieneigentümers. Steigen die Mieten in der Zukunft stark an, dann liegt der Ertrag womöglich wesentlich höher. Denn der Verkehrswert im Ertragswertverfahren beruht auf vergangenen Mieteinnahmen, welche im Rohertrag des Gebäudes abgebildet werden.

Indirekt macht sich das Ertragswertverfahren auch die anderen möglichen Verfahren zur Wertermittlung zunutze. Der Sachwert hat über die Restnutzungsdauer Einfluss auf den Ertrag einer Immobilie. So kann z.B. die Art der Baustoffe die Länge der wirtschaftlichen Nutzung beeinflussen. Das Vergleichswertverfahren findet des Weiteren bei der Bestimmung des Bodenwerts Anwendung.

 

 

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